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Dirk Reinartz Fotografieren was ist

Zu meinem 70. Geburtstag habe ich mir ein besonderes Geschenk gemacht: Für meine Frau und mich und für einige Freunde (u.a. die Mitglieder des Fotografischen Quartetts) hatte ich eine Führung durch die Ausstellung mit den Fotos von Dirk Reinartz gebucht. Anschließend haben wir bei einem Mittagessen im Restaurant Delikart im Museum über unsere Eindrücke gesprochen. Alle haben den Tag sehr genossen.

Ein besonderes "Highlight" des Tages war die Teilnahme von Manfred Kistermann, Journalist aus Aachen, der seit frühester Jugend mit Dirk Reinartz befreundet war. Von ihm habe ich mein erstes Buch von Dirk Reinartz geschenkt bekommen. In der Ausstellung gibt es auch Fotos zu sehen, bei deren Entstehung Manfred Kistermann dabei war, weil er als engagierter Fotoamateur seinen Freund bei dessen Fotoausflügen begleitet hatte. Beide träumten als Jugendliche von einer Karriere als Fotoreporter. 

Für die Aachener Zeitung hat Manfred Kistermann am 16. Mai 2024 über die Ausstellung berichtet:


"Obwohl sein Name nur den wenigsten Deutschen ein Begriff ist und wahrscheinlich nur die fotografisch Interessierten ihn kennen, ist er einer der herausragenden Fotografen der späten Bundesrepublik und des wiedervereinten Deutschlands. „Er war einer der ganz Großen, einer der prägendsten Fotografen der 70er, 80er und 90er-Jahre und einer der wichtigsten Lichtbildner im Zeitalter der Magazinfotografie“, sagt Thorsten Valk, Direktor des LVR-Landesmuseums Bonn. 

Und weil der gebürtige Aachener Dirk Reinartz, leider 2004 verstorben, nach Meinung von Direktor Valk ein „großer“ Fotoreporter und Dokumentar war, „wollen wir ihn ins Zentrum der Öffentlichkeit mit einer großen Ausstellung zurückbringen.“ Und es ist nicht nur eine große Ausstellung, sondern eine großartige geworden, die im Landesmuseum bis zum 15. September 2024 zu sehen ist.

350 Bilder in sechs Räumen auf 1340 Quadratmetern sind schon eine ungewöhnliche Dimension für eine Fotoausstellung. „Dirk Reinartz. Fotografieren, was ist“, so der Titel der Retrospektive, stellt den Menschen und das Werk des Aacheners vor, der in einem Aachener Fotoladen seine Ausbildung bekam, dann ganz schnell Karriere machte und 1971 als jüngster Fotograf mit 23 Jahren in den elitären Kreis der Bildreporter des Magazins „Stern“ aufstieg und später Fotografie-Professor wurde. Sehr eindrucksvoll haben die Ausstellungsmacher die frühen Schritte dargestellt, nicht zuletzt auch mit sehr persönlichen Exponaten wie Zeugnissen, Ausweisen oder Briefen. (...)

Gezeigt wird das fotografische Lebenswerk entlang fünf thematischer Spannungsfelder, die Dirk Reinartz zeit seines Lebens beschäftigt haben: Nähe – Ferne, Macht – Ohnmacht, Geschichte – Gegenwart, deutsch – deutsch, Amerika –America. Und aus diesem Themenbereich USA entstanden für Dirk Reinartz persönlich wichtige Bilder. Das Foto „Der New Yorker“ zeigt einen fast zeitlosen Mann mit einem halb umgehängten Mantel, angelehnt an eine Mauer. Der Fotograf hat dieses Bild einmal als sein wichtigstes bezeichnet, es war auch das einzige, das daheim in seiner Wohnung in Buxtehude hing. (...)

Die Absicht von Museumsdirektor Valk sowie den Vertretern der Stiftung F.C. Gundlach und der Deutschen Fotothek, einen fast vergessenen Fotografen mit eigener Bildsprache und kritischem Blick wieder in die Öffentlichkeit zu holen, ist mit der Bonner Bilderschau gelungen: eine großartige Ausstellung für einen fast vergessenen Großen seiner Zunft."


Begleitend zur Ausstellung wird im Museum die Diashow "Mein Werdegang" gezeigt, die auch im Internet verfügbar ist. "Dirk Reinartz hielt diesen Vortrag ursprünglich 1997 anlässlich seiner Bewerbung auf eine Professur an der Muthesius Hochschule Kiel und erweiterte ihn fortlaufend. Nach seinem frühen Tod 2004 hat seine Witwe Karin Reinartz den Vortrag noch mehrfach gehalten und einige Passagen um Kommentare ergänzt."

Sehr zu empfehlen ist auch das Video, welches das Landesmuseum zur Ausstellung veröffentlicht hat sowie die beiden Videos aus der Reihe "Meet the curator" mit Agnes Matthias und Dr. Adelheid Komenda.

Am 16. Mai 2024 berichtete Stefan Koldehoff im Deutschlandfunk über die Ausstellung. Der Beitrag ist in der Audiothek des Senders verfügbar (Stand: 12.7.2024). 


Im Verlag Steidl soll ein Buch zur Ausstellung erscheinen. Das Buch sollte sowohl im Museum als auch im Buchhandel erhältlich sein. Bei unserem Besuch am 9. Juni 2024 hatte das Museum kein Exemplar, weil das Buch vom Verlag Steidl noch nicht geliefert worden war. Auch am 12. Juli 2024 war das Buch - laut telefonischer Auskunft des Museums - noch nicht lieferbar. Als wir uns am 9. August 2024 die Ausstellung zum zweiten Mal angesehen haben, war der Katalog immer noch nicht da. Dies wirft kein gutes Licht auf den Verleger Gerhard Steidl, der bisher mehrere Bildbände mit Fotos von Dirk Reinartz veröffentlicht hat. Über den Verlag hat Dirk Reinartz sogar ein Buch konzipiert und gestaltet, das 1995 erschienen ist. Er muss also eine enge Verbindung zum Verlag gehabt haben und hätte es verdient, wenn das Buch zur großen Retrospektive rechtzeitig erschienen wäre.